Ja, es gibt Menschen, die freiwillig dick werden. Manche tun dies, weil sie in der Feedism-Community unterwegs sind. Andere, weil sie im Rahmen der Body Positivity-Bewegung die Gewichtszunahme als eine Form des Selbstausdrucks ansehen, die mit den Zielen der Fettakzeptanzbewegung übereinstimmt. Sie sehen ihren Körper als eine Leinwand, um ihre Individualität auszudrücken. Gleichzeitig fördern sie die Idee, dass alle Körpertypen Respekt und Bewunderung verdienen, unabhängig von gesellschaftlichen Standards. Und dann gibt es noch die, die zu beiden Gruppen gehören.
Dickwerden als Selbstermächtigung ist tatsächlich ein faszinierendes Konzept und reflektiert eine tiefere Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Normen und dem eigenen Körperbild. Hier sind einige Gedanken dazu:
1. Widerstand gegen gesellschaftliche Normen
Herausforderung der Schlankheitsideale: In unserer Gesellschaft gibt es einen starken Druck, schlank zu sein, der durch Medien, Mode und soziale Erwartungen verstärkt wird. Für einige Menschen kann das bewusste Zunehmen eine Form des Widerstands gegen diese Normen darstellen. Es ist ein Akt der Rebellion gegen die Idee, dass Schlankheit gleichbedeutend mit Schönheit oder Wert ist.
Selbstbestimmung: Durch das bewusste Dickwerden nehmen Menschen die Kontrolle über ihre Körper zurück. Sie entscheiden selbst, wie sie aussehen möchten, anstatt sich den von außen auferlegten Standards zu beugen. Diese Selbstbestimmung kann als eine kraftvolle Form der Selbstermächtigung gesehen werden.
2. Körperakzeptanz und Selbstliebe
Akzeptanz des eigenen Körpers: Dickwerden kann für manche Menschen auch ein Weg sein, ihren Körper so zu akzeptieren, wie er ist. Anstatt ständig zu kämpfen, um einem unerreichbaren Ideal zu entsprechen, entscheiden sie sich bewusst, ihren Körper so zu gestalten, wie es ihnen gefällt. Dies kann zu einem stärkeren Gefühl der Selbstliebe und Zufriedenheit führen.
Stärkung des Selbstwertgefühls: Indem sie sich dafür entscheiden, zuzunehmen, können Menschen ihr Selbstwertgefühl stärken. Sie zeigen, dass sie sich selbst genug schätzen, um ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu folgen, unabhängig davon, was andere denken.
3. Kulturelle und politische Dimension
Teil einer Bewegung: Das bewusste Zunehmen kann auch eine politische Dimension haben, insbesondere im Kontext der Fettakzeptanzbewegung. Es ist eine Art, sich mit anderen zu solidarisieren, die ähnliche Erfahrungen mit Diskriminierung und Stigmatisierung aufgrund ihres Gewichts gemacht haben. In diesem Sinne wird das Dickwerden zu einem kollektiven Akt der Ermächtigung.
Veränderung des Diskurses: Menschen, die bewusst zunehmen, tragen dazu bei, den Diskurs über Körpergröße und -form zu verändern. Sie fordern die Gesellschaft heraus, breitere Definitionen von Schönheit und Wert zu akzeptieren. Und nicht zuletzt leisten sie einen Beitrag, das Stigma zu reduzieren, das oft mit größerem Körpergewicht verbunden ist.
4. Persönliche Transformation
Neuentdeckung der eigenen Identität: Für viele Menschen kann der Prozess des Zunehmens auch eine Reise der Selbsterkenntnis und der Neuentdeckung der eigenen Identität sein. Es geht darum, herauszufinden, wer sie wirklich sind und was sie wollen, ohne den Einfluss äußerer Erwartungen. Dies kann zu einer tieferen, authentischeren Beziehung zu sich selbst führen.
Freude am Körperlichen: Schließlich kann das bewusste Zunehmen auch einfach eine Quelle körperlicher Freude sein. Es kann eine Möglichkeit sein, das Leben in all seinen Facetten zu genießen, einschließlich der Freude an gutem Essen und der körperlichen Fülle.
Fazit
Dickwerden als Selbstermächtigung ist ein Konzept, das die Kontrolle über den eigenen Körper und das eigene Leben betont. Es geht darum, sich gegen gesellschaftliche Normen zu stellen, den eigenen Körper zu akzeptieren und zu lieben, und möglicherweise sogar Teil einer größeren Bewegung für soziale Veränderung zu sein. Es ist ein kraftvoller Ausdruck von Selbstbestimmung und Widerstand, der die Art und Weise, wie wir über Körper und Identität denken, herausfordert und erweitert.