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Dick im Business: Was sich bei Bewerbungsprozessen ändern muss!

Ich unterhielt mich neulich mit einer guten Freundin über Komplimente und welche wir am liebsten bekommen würden. Ihre reflexartige Antwort: „Dass ich hübsch aussehe und dass ich abgenommen habe!“. Ich weiß nicht, wieso, aber es hat mich wahnsinnig schockiert und beschäftigt mich seitdem sehr. Natürlich habe ich versucht, zu erklären, wieso Äußerlichkeiten eigentlich generell kein Thema für Komplimente sein sollten, aber sie entgegnete recht schnell, dass es ja darum ging, was SIE am liebsten hören würde. Fair enough, aber ist es wirklich das, was sie im Leben sein möchte? Wie sie gesehen werden will? Hübsch und schlank. Ich glaube, das fand ich am traurigsten an dieser Unterhaltung. Sie ist nämlich viel mehr: Sie ist witzig, fürsorglich, eine tolle Freundin, schlau und hat ein tolles Gespür für Ästhetik, auch außerhalb von Körpernormen.

Körper sind privat und grundsätzlichen dürfen wir alle damit machen, was wir wollen. Dürfte dann nicht auch meine Freundin über ihren Körper verfügen, dass er schlank und hübsch sein solle, weil sie das so will? Klar, das muss ich natürlich anerkennen. Aber ich glaube, sie möchte es aus den falschen Gründen. Schlank und schön sieht sie als wertvoller, erstrebenswerter und anerkennungswürdiger an, als einen runden und nicht normschönen Körper. Und das wird uns ja schon sehr früh eingetrichtert, über Generationen. Ich glaube noch nicht mal, dass sie das wirklich aktiv denkt, aber in unserer patriarchalen Gesellschaft wird das vorausgesetzt, dass insbesondere Frauen zuallererst hübsch und gefällig sein sollten, sich im Griff haben und nicht so viel essen dürfen. Dass sie dann auch erfolgreich, witzig und klug sein können, ist ok, aber wenn sie dabei auch noch schlank und schön ist: Jackpot. Studien geben ihr Recht: eine attraktive, schlanke Person wird kompetenter wahrgenommen, als eine dicke und zudem nicht normschöne Person. In Bewerbungsverfahren werden runde Menschen benachteiligt.

Der dicke Mann ist natürlich grundsätzlich auch ein Fehler, aber er wird noch eher gutmütig belächelt. Der gemütliche Teddybär, dem es eben schmeckt und der durch seinen wahnsinnig stressigen und wichtigen Job einfach leider keine Zeit für Sport hat. Klar, er könnte abnehmen, aber er ist halt sehr beschäftigt. Und bei den Geschäftsessen nur Salat zu essen, da kommt er nicht weiter. Und so maßregelt ihn seine Frau ab und an, jetzt doch nicht so zuzulangen, aber meine Güte, man kennt ihn ja auch als Genussmensch. Dass er die nächste Karrierestufe wegen seines Übergewichts nicht bekommt, ist unwahrscheinlicher, als dass eine dicke Kollegin die nächste Karrierestufe nicht erreicht, eben weil sie dick ist.

Hat meine Freundin jetzt nicht sogar recht? Hat sie es besser verstanden, ihre Karrierechancen zu optimieren, indem sie das Spiel mitspielt? Diese Konklusion macht mir ehrlich gesagt Angst, und ich will das nicht akzeptieren. Ein anonymes Bewerbungsverfahren wäre hier die Lösung: Kein Foto, kein Alter, kein Geschlecht, kein Name. Ich verschicke beispielsweise seit Jahren kein Foto mehr mit meiner Bewerbung. International sind solche Verfahren längst Standard, in Deutschland tut man sich damit schwer und setzt auf Freiwilligkeit der Unternehmen, die dann vor dem höheren Aufwand zurückschrecken. Indem man nur auf die Qualifikation setzt, würden dicke Menschen, ältere Menschen, Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund nicht sofort aussortiert werden. Klar, Gespräche und Assessments folgen und irgendwann sitzt man sich gegenüber, aber ich bin überzeugt, dass Vorurteile abgebaut werden, wenn man sich kennenlernt, auch auf beruflicher Ebene. Der Entscheidung, ein anonymisierten Verfahren durchzuführen, sind umfangreiche Überlegungen vorangegangen, Denkprozesse wurden angestoßen. Auch die Arbeitswelt kann nicht die Augen vor Veränderungen verschließen, echte Chancengleichheit zu schaffen und sich von erlernten Bias zu emanzipieren. Das ist anstrengend, aber jeden Aufwand wert, wenn man passende und motivierte Mitarbeitende finden will.

Komplimente, die nichts mit Deinem Körper zu tun haben

Außerhalb der Body-Positivity-Bubble scheint es leider noch überhaupt nicht angekommen zu sein, dass man Gewichtsabnahmen nicht mit fast zwanghaft ausgesprochenen Komplimenten überhäuft und eine Gewichtszunahme auch nicht kommentieren oder maßregeln muss.

Ich möchte eine Anekdote aus meinem Freundeskreis wiedergeben: Eine Freundin durchlebte eine schlimme Depression. Es ging ihr nicht gut, ihre Welt brach auseinander und sie hat in dieser Zeit durch Medikamente und ihre psychische Verfassung sehr viel abgenommen. Vorher war sie schlank, dann war sie sehr dünn. Eine gemeinsame Bekannte kommentierte das (nicht in ihrem Beisein, zum Glück!): „Wow, sie sah noch nie so gut aus. Wir krass sie abgenommen hat, mega!“ Eine gemeinsame Freundin sagte dann, dass das ja leider aus einem sehr traurigen Grund geschah und es der Freundin aktuell nicht gut ginge. Der lapidare Kommentar darauf: „Hä? Ist doch scheißegal, es sieht bombe aus!“

NEIN, es ist eben nicht egal. Der Freundin ging es so mies wie noch nie in ihrem Leben und es war ihr auch zudem unangenehm, wenn man sie auf ihre Abnahme ansprach. Ich selbst kenne das auch, als ich am wenigstens gewogen habe, ging es mir psychisch am schlechtesten, ich habe aber die meisten Komplimente bekommen, die ich dann auch nicht glauben konnte, weil es mir mental so mies ging. Ein Teufelskreis. Das bringt mich zum Punkt:

Komplimente, die nichts mit Äußerlichkeiten zu tun haben

Eine Sammlung haben wir hier zusammengetragen:

  1. Ich mag es, wie ich mich in Deiner Gegenwart fühle, weil ich bei Dir einfach ich selbst sein kann!
  2. Du kannst so gut zuhören und Dein Rat ist mir wichtig. Du hast mir schon oft geholfen, eine andere Sichtweise anzunehmen!
  3. Du bist unglaublich witzig und kannst Geschichten so toll erzählen! Ich lache sehr gern mit Dir!
  4. Danke, dass Du meine Freundin/mein Freund bist. Ich schätze es sehr, Dich in meinem Leben zu haben!
  5. Du kannst am besten von allen umarmen!
  6. Ich bewundere Dich, wie Du Herausforderungen meisterst. Ich habe da schon sehr viel von Dir lernen können!
  7. Auch wenn wir mal streiten, habe ich nicht das Gefühl, herabgewürdigt zu werden. Ich kann meinen Standpunkt klarmachen und Du Deinen, ohne dass ich an Deiner Zuneigung zweifeln muss.
  8. Ich mag Deinen Blick auf die Welt, Du hast mir schon oft neue Horizonte eröffnet, die ich ohne Dich nicht entdeckt hätte.
  9. Ich bin stolz auf Dich, wie Du auch schwierige Situationen meisterst und immer wieder aufstehst, auch wenn es Dir sehr schlecht ging. Ich sehe das und ich weiß, wie schwer es ist. Ich bin immer für Dich da!
  10. Du darfst Dich fallen lassen, auch wenn es Dir nicht gut geht. Ich verurteile Dich nicht, wenn Du scheiterst, ich helfe Dir gerne, damit es Dir besser geht!

Das Stereotyp des „Witzigen Dicken“ im Film: Ein Blick auf Männer und Frauen

Die Filmindustrie ist seit jeher ein verzerrter Spiegel der Gesellschaft, doch zu oft werden bestimmte Gruppen durch überholte Stereotypen dargestellt. Ein besonderes Stereotyp, das sowohl Männer als auch Frauen betrifft, ist das der „witzigen dicken“ Person. Während es manchmal als harmloses Klischee angesehen wird, hat es tiefe und oft negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Darstellung übergewichtiger Menschen.

Die „witzige dicke“ Figur ist oft eine Nebenfigur, die dazu dient, komische Erleichterung zu bieten. Im Kontext männlicher Figuren denken viele sofort an Charaktere wie Fat Bastard aus den „Austin Powers“-Filmen oder Peter Griffin aus der Zeichentrickserie „Family Guy“. Bei Frauen sind ähnliche Beispiele Charaktere wie Melissa McCarthy’s Figur in „Brautalarm“ oder Rebel Wilson in „Pitch Perfect“. Diese Charaktere sind in der Regel selbstbewusst, fröhlich und sorgen durch ihr ungeschicktes Verhalten oder ihre körperliche Erscheinung für Lacher.

Diese Charaktere haben positive Aspekte – sie zeigen oft starke, unabhängige Personen, die sich nicht für ihre Körper schämen. Doch sie verstärken auch die Idee, dass Übergewicht nicht ernst genommen werden sollte oder dass übergewichtige Menschen selbst lächerlich sind.

Diese Stereotypisierung trägt zur Entmenschlichung übergewichtiger Menschen bei, indem sie ihre Erfahrungen und Identitäten auf die Rolle der komischen Erleichterung reduziert. Sie ignoriert die vielfältigen Realitäten von übergewichtigen Männern und Frauen, einschließlich gesundheitlicher Herausforderungen und Diskriminierung, und präsentiert sie stattdessen als eindimensionale Figuren, deren einziger Wert in ihrem Humor liegt.

Zum Glück gibt es Anzeichen, dass sich das Blatt in der Filmindustrie wendet. Filmemacher beginnen, die Komplexität und Vielfalt von übergewichtigen Menschen zu erkennen und sie in vielfältigeren und nuancierteren Rollen darzustellen. Beispielsweise spielte Chrissy Metz in „This Is Us“ eine übergewichtige Frau, die mit den Herausforderungen ihres Gewichts und ihres Selbstbildes auf ernsthafte und authentische Weise umgeht. Bei den Männern hat Jack Black in Filmen wie „School of Rock“ und „Jumanji“ die Grenzen des „witzigen dicken Mannes“ erweitert, indem er Hauptrollen spielt, die zwar humorvoll, aber auch empathisch und vielschichtig sind.

Diese Veränderungen sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber es gibt noch viel zu tun. Die Stereotype der „witzigen dicken“ Person müssen weiterhin hinterfragt und bekämpft werden, damit alle Menschen, unabhängig von ihrer Körperform oder -größe, sich in den Medien repräsentiert sehen können. Übergewichtige Menschen sind mehr als nur die „witzige dicke“ Figur – sie sind komplexe, vielfältige Individuen, die es verdienen, in all ihrer Vielfalt und Menschlichkeit dargestellt zu werden. Es ist an der Zeit, dass wir diese schädlichen Stereotypen hinter uns lassen und anfangen, alle Menschen so zu sehen, wie sie wirklich sind: einzigartig, wertvoll und würdig, in ihrer ganzen Fülle repräsentiert zu werden.

Athletinnen mit Kurven: Eine Ode an die Stärke und Vielfalt

Jolien Boumkwo ist eigentlich eine Kugelstoßerin, aber…

…bei der Team-EM in Polen 2023 wurde sie freiwillig zur Hürdensprinterin, als ihre Teamkollegin kurz vor dem Start verletzt ausfiel. Trotz des offensichtlichen körperlichen Größen- und Gewichtsunterschieds zu den anderen Hürdensprinterinnen, zeigte Boumkwo beeindruckenden Teamgeist und Mut. Ohne ihren Einsatz wäre ihr Team nicht in die Bewertung gekommen.

Zerstörung von Stereotypen

Die Vorstellung, dass man dünn sein muss, um fit zu sein, ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Viele Menschen glauben immer noch, dass es nicht möglich ist, molliger/kräftiger und fit zu sein. Dieses Stereotyp ist auch im Fitnessbereich lebendig. Es ist an der Zeit, diese Vorstellungen zu ändern und die Welt die Kraft und Stärke sehen zu lassen, die von größeren Körpern kommen kann.

Social Media spielt eine enorme und wichtige Rolle dabei, diese Stereotypen herauszufordern. Während Bilder von größeren weiblichen Athletinnen selten in den Mainstream-Medien zu finden sind, ist Instagram voll von Powerfrauen, die sich der Herausforderung stellen, Stereotypen in Bezug auf körperliche Fitness und größere Körper zu bekämpfen.

Es gibt neben Jolien Boumkwo viele inspirierende Beispiele für kurvige Athletinnen, die beweisen, dass Größe kein Hindernis für sportliche Leistung ist. Hier sind nur einige davon:

  • Mirna Valerio ist eine Ultramarathonläuferin und begeisterte Tough Mudder-Konkurrentin. Sie ist auch die Autorin des bevorstehenden Buches „A Beautiful Work in Progress“. Mirnas Konto bietet endlose Inspiration und eine Geschichte darüber, wie eine Frau ihre Gesundheit durch Fitness verbesserte und sie auf ihr höchstes Potenzial brachte.
  • Amanda LaCount ist eine atemberaubende Tänzerin und Choreografin, die Instagram im Sturm erobert. Ihre unglaublichen Tanzvideos haben über 70 Millionen Aufrufe und ihr Talent hat ihr einen Gastauftritt bei Dancing With the Stars eingebracht. Amanda inspiriert, weil wir mehr junge Frauen aller Formen und Größen brauchen, die der Welt zeigen, dass die Körpergröße kein Hindernis ist, um Ihre Träume zu leben.
  • Sarah Robles hat auf der olympischen Bühne bei den letzten zwei Olympischen Spielen beeindruckt und gewann eine Bronzemedaille für Gewichtheben in Rio 2016. Sie ist zu einem Vorbild für Frauen mit größerer Größe geworden, um ihre sportlichen Träume auf höchstem Niveau zu verfolgen. Sie sagte: „Ich nehme an, Leute auf der Straße könnten mich sehen und denken, ich gehöre zu den 60 Prozent der Amerikaner, die übergewichtig oder fettleibig sind, oder was auch immer“, sagte Robles, jetzt 32 und zweifache olympische Medaillengewinnerin nach dem Gewinn der Bronzemedaille im +87kg-Wettbewerb hier in Japan. „Aber sie haben keine Ahnung von meiner sportlichen Leistungsfähigkeit.“
  • Becci Holcomb ist eine preisgekrönte Powerlifterin, die durch den Sport zur Body Positivity fand. Sie hat nicht nur ein besseres Selbstwertgefühl gefunden, sondern sich auch in einigen der renommiertesten Powerlifting-Wettbewerbe des Landes hochgearbeitet und dabei erste und zweite Plätze belegt.
  • Dana Falsetti ist eine Yoga-Lehrerin und Aktivistin mit einer riesigen Instagram-Followerschaft, die sich in ihre Bilder von Yoga und roher, reiner Schönheit verliebt hat. Dana zeigt ihren Selbstausdruck durch Yoga-Bewegungen und Bilder, die für ihre Aktivismus für Körperliebe und Bewegung für alle Körpergrößen sprechen.
  • Emily Campbell aus Großbritannien ist die erste weibliche Gewichtheberin, die eine Medaille für Großbritannien gewonnen hat, und sie hat dies ohne jegliche Sponsoren (aufgrund von Diskriminierung wegen ihrer Größe) erreicht. Sie sagte, sie wolle „beweisen, dass Frauen, die so aussehen wie ich, erfolgreiche Karrieren im Sport haben können.“
  • Raven Saunders aus den USA ist Kugelstoßerin und hat bei Olympia eine Silbermedaille gewonnen. Sie trug eine epische Maske und feierte mit Twerking. Auf dem Podium hielt sie ihre Arme in einer X-Form über ihren Kopf und erklärte später, dass dies ‚die Kreuzung ist, an der sich alle unterdrückten Menschen treffen‘.
  • Gong Lijiao aus China ist Kugelstoßerin und hat ihre persönliche Bestleistung übertroffen und ihre erste olympische Goldmedaille gewonnen, die auch die erste Goldmedaille für China in den Feldwettbewerben in Tokio ist.
  • Deanna Price aus den USA ist Hammerwerferin. Sie kam dieses Jahr auf den 8. Platz, aber in den Trials wurde sie die zweite Frau, die jemals über 80 Meter geworfen hat. Sie sagte, einer der Gründe, warum sie antritt, ist „weibliche Athletinnen zu beeinflussen und ihnen zu zeigen, dass man jede Form und Größe haben kann und trotzdem stark und schön sein kann.“
  • Morit Summers ist eine bekannte Personal Trainerin und Fitness-Influencerin, die sich für Body Positivity und Inklusion im Fitnessbereich einsetzt. Sie ist dafür bekannt, dass sie die Normen und Standards in der Fitnessindustrie herausfordert und beweist, dass Athleten in allen Formen und Größen kommen. Morit ist eine zertifizierte Personal Trainerin und hat mit vielen Menschen gearbeitet, um ihnen zu helfen, ihre Fitnessziele zu erreichen, unabhängig von ihrer Körpergröße oder -form. Sie ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Fitness und Gesundheit für jeden zugänglich sind und dass jeder Körper ein fähiger und starker Körper ist.
  • Jonelle Lewis ist eine bekannte Yoga-Lehrerin (z.B. bei Apple Fitness Plus) und Aktivistin, die sich für Inklusion und Vielfalt im Yoga einsetzt. Sie ist dafür bekannt, dass sie die Normen und Standards in der Yoga-Gemeinschaft herausfordert und beweist, dass Yoga für jeden Körper zugänglich ist. Jonelle ist eine zertifizierte Yoga-Lehrerin und hat mit vielen Menschen gearbeitet, um ihnen zu helfen, ihre Yoga-Praxis zu vertiefen und ihren Körper zu ehren, unabhängig von ihrer Größe oder Form. Sie ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Yoga und Wellness für jeden zugänglich sind und dass jeder Körper ein Yoga-Körper ist.

Der Druck, Körperfett zu reduzieren

Dass es möglich ist, kurvig und fit zu sein, hat sich leider noch nicht überall rumgesprochen. Schlimmer noch, es wird sogar dagegen gekämpt. Der Artikel aus der New York Times mit dem Titel „Female College Athletes Say Pressure to Cut Body Fat Is Toxic“ (Weibliche College-Athletinnen sagen, dass der Druck, Körperfett zu reduzieren, toxisch ist) beleuchtet die schädlichen Auswirkungen, die der Druck, Körperfett zu reduzieren, auf weibliche College-Athletinnen hat.

Der Artikel berichtet von mehreren Frauen im Bereich Leichtathletik, die angaben, dass ihre psychische Gesundheit sich verschlechterte, als sie auf Drängen von Trainern und Mitspielern Mahlzeiten ausließen, um schlanker zu werden. Eine dieser Athletinnen ist Audra Koopman, die Leichtathletik an der Penn State University betrieb. Sie fühlte sich unter Druck gesetzt, Süßigkeiten zu vermeiden und abzunehmen. Trotz ihrer Bemühungen bemerkte sie jedoch keine Verbesserung ihrer Leistung.

Der Artikel beleuchtet auch die weit verbreitete Praxis der Körperzusammensetzungsprüfungen in College-Sportabteilungen. Diese Tests produzieren Daten, die den Schulen helfen können, zu beurteilen, ob die Athletinnen optimal trainieren, sich ausruhen und essen. Allerdings haben viele der befragten Athletinnen diese Tests als invasiv, irrelevant für ihre Leistung und auslösend für Essstörungen empfunden.

Die New York Times sprach mit fast 20 aktuellen und ehemaligen Athletinnen aus den Power 5-Konferenzen, von denen viele die Körperzusammensetzungsprüfungen als invasiv, irrelevant für ihre Leistung und auslösend für Essstörungen empfanden. Die Tests sind nur ein Aspekt einer Kultur im Frauensport, in der Gewicht, Körperbild und Körperzusammensetzung oft auf schädliche Weise diskutiert werden – oder gar nicht, obwohl sie wichtige Faktoren für die physische und psychische Gesundheit der Athletinnen sind.

Der Artikel hebt hervor, dass die Daten zur Körperzusammensetzung oft die Korrelation zwischen Körperfettanteil und sportlicher Leistung überbetonen, während andere Schlüsselfaktoren wie Schlaf und Hydratation unterschätzt werden. Es wird argumentiert, dass diese Praxis in Gewichtsstigmatisierung, Stereotypen und Fehlinformationen verwurzelt ist und nicht auf Sportwissenschaft basiert.

Der Artikel endet mit der Feststellung, dass die Körperzusammensetzungsprüfungen nur in bestimmten Situationen nützlich sein können, abhängig davon, wie sie verwendet werden und wie die Informationen geteilt werden. Es wird betont, dass die psychische Gesundheit der Athletinnen immer Vorrang haben sollte.

Quelle: New York Times

Es ist wichtig, dass wir diese toxische Kultur im Sport bekämpfen und eine Umgebung schaffen, in der alle Körpergrößen und -formen akzeptiert und gefeiert werden. Fitness und sportliche Leistung haben nichts mit der Größe einer Person zu tun, und es ist an der Zeit, dass wir diese Tatsache anerkennen und fördern.

Das bedeutet auch, die eigenen Gedanken zu hinterfragen. Wenn eine sehr dicke Person neben uns Sport macht, sei es im Fitnessstudio oder im Schwimmbad, dann ist das kein Grund für Getuschel, Anstarren oder direkte Kommentare. Die Person macht Sport. Punkt. Sie macht das vielleicht, um abzunehmen, vielleicht auch einfach aus Spaß an Bewegung. Und sie ist definitiv nicht hier, um von anderen bewertet zu werden. Wir können uns messen, klar. In Wettbewerben oder auch einfach mit unserem Trainingszustand von vor 2, 6 oder 10 Wochen. Sport ist für alle da.

Körperakzeptanz: Gründe, warum Dicksein auch Vorteile hat

In unserer Gesellschaft wird uns oft beigebracht, dass Übergewicht das Schlimmste ist, was einem passieren kann. Schlankheit wird als das ultimative Ziel dargestellt, und all unsere Errungenschaften scheinen irrelevant, wenn unser Körper nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht. Und so verbringen wir viel Zeit unserer Leben mit Diäten, Essensobsessionen und selbstbestrafenden Fitnessstudio-Sessions. Wir denken immer, hinter einer bestimmten Zahl auf der Waage wartet das Glück und unser gutes Leben fängt dann an, wenn wir unser Wunschgewicht endlich erreicht haben. Dabei vergessen wir, dass unser Leben nicht auf uns wartet, sondern in vollem Gange ist, ob mit oder ohne uns.

Eine der Übungen, die dabei helfen kann, den eigenen Körper zu akzeptieren, ist eine Liste der positiven Aspekte des Dickseins zu erstellen. Diese ist meistens subjektiv. Hier daher ein paar Ideen für eine Liste, um der Diätkultur entgegenzuwirken:

  1. Fett ist ein großartiger Isolator – Wale und Robben frieren nie. Im Sommer ist es vielleicht etwas zu warm, aber im Winter…
  2. Dicke sind stabiler, werden eher nicht umgestoßen, zum Beispiel bei einem Konzert.
  3. Weiche, warme Masse zum Kuscheln. Oh ja, es fühlt sich wirklich gut an.
  4. Gut gepolstert für den Fall von Stürzen. Abrollen klappt mit einer ohnehin schon runden Körperform ja eh noch besser.
  5. Fettreserven. Falls wirklich mal etwas passiert und die ganzen Endzeitprophezeiungen wahr werden, habe ich noch genug an mir, was ich für einige Monate verbrauchen kann.
  6. Ich kann jeden Bissen Essen, den ich esse, voll und ganz genießen, ohne mir Sorgen darüber zu machen, wie sehr es mein Gewicht beeinflussen wird.
  7. Runde Gesichter haben weniger Falten und sehen jünger aus. Nicht umsonst kann man sich Falten mit Eigenfett unterspritzen lassen.
  8. Die Entdeckung der Langsamkeit: Sehr runde Menschen sind oft behäbiger, dafür sehen sie mehr von der Welt. Wer langsam geht, nimmt mehr wahr, als wenn man nur durch die Weltgeschichte rennt.
  9. Mehr Schwungmasse beim Tanzen. Die Musik fühlt sich direkt noch intensiver an, wenn alles wackelt!
  10. Man nervt die richtigen Leute: Wer Gewicht und Körper negativ bewertet, den braucht man ohnehin nicht in seinem Leben. Übergewicht ist also ein fabelhafter sozialer Filter.

Welche Punkte sind es bei Dir?

Summer Essentials

Es ist Sommer, es ist warm und das bringt jedes Jahr die selben Themen aufs Tableau: Body Issues, Bodyshaming, übergriffiges Verhalten und wirklich fragwürdige Eissorten für 3 Euro die Kugel.

Obwohl natürlich an vielen anderen Stellen bereits von anderen schlauen Menschen geschrieben wurde, was für den Summer wichtig ist, darf ein solcher Beitrag auch an dieser Stelle nicht fehlen.

  1. Menschen dürfen anziehen, was sie wollen und worin sie sich wohl fühlen. Es gibt nicht den vermeintlich perfekten Körper, um eine kurze Hose oder ein trägerloses Top zu tragen. Körperteile sind nicht „zu“ irgendwas für eine Klamotte. Nicht zu dick, zu dünn, zu blass, zu haarig,…Das gilt für alle Geschlechter. Es gibt auch keine Pflicht, schmeichelnde Klamotten zu tragen, sich zu verhüllen oder sich besonders „typgerecht“ zu kleiden. Alle dürfen sich so anziehen, wie sie das zu Beginn des Tages entschieden haben, nicht, wie andere das machen würden.
  2. Kommentare über Körper sind fast immer überflüssig, daher lassen wir das. Ist eh klar, oder? Körperbehaarung, Pigmentflecken, Gewicht, Cellulitis, Sommersprossen, Dehnungsstreifen, Muttermale aber auch Narben sind normal. Manchmal steckt eine Geschichte dahinter, manchmal nicht. Manchmal ist eine Frage danach verletzend, manchmal nicht. Wenn wir also nicht wissen, ob wir fragen sollen, fragen wir einfach nicht. Ich habe eine Freundin mit sehr deutlichen Selbstverletzungsnarben. Ich kenne die Geschichte, es ist auch kein Geheimnis und sie versteckt sie auch nicht. Nichtsdestotrotz ist es keine Plattform, darüber zu philosophieren oder nachzufragen, weder in ihrem Beisein noch in ihrer Abwesenheit. Kinder haben damit ja meistens einen ganz anderen Umgang, neulich fragte ein Kind danach. Ihre Antwort: „Da ging es mir mal nicht so gut!“. Thema geklärt.
  3. Anstarren ist nicht ok. Selbst wenn man noch nie eine runde Person in einem Bikini gesehen hat oder Körperbehaarung bei einer weiblich gelesenen Person völlig abwegig findet: Don’t stare!
  4. Ausnahme von Kommentaren: Es gibt, wie ich finde, eine einzige Ausnahme, wann man etwas sagen darf und so handhabe ich das: Wenn die Person das innerhalb von wenigen Sekunden ändern kann, dann spreche ich es das. Das gilt für Fusseln auf dem Pulli, verlaufenes Make-up, etwas zwischen den Zähnen oder ein Insekt im Haar. Darauf mache ich meine Mitmenschen aufmerksam, das würden wir uns alle wünschen, statt den ganzen Tag mit einem offenen Knopf rumzulaufen, oder?
  5. Menschen schwitzen. Manche mehr, manche weniger. Get over it.
  6. Optik ist keine Einladung. Für gar nichts. Das gilt für aufreizende, verhüllende oder gar keine Kleidung.
  7. Es gibt keinen Sommerdruck. Auch wenn die halbe Welt draußen zu sein scheint, gibt es keine Pflicht, die warmen Temperaturen draußen zu verbringen. Es ist total ok, wenn man nicht raus möchte oder eine Pause braucht, lieber drinnen liest, Musik hört oder einen Film schaut. Oder halt arbeiten muss, obwohl man lieber draußen wäre.
  8. Sommer heißt auch häufig: Grillen und kühle Getränke. Auch hier dürfen alle essen und trinken, was sie möchten. Kein Fleisch? Ok, es gibt so viele tolle vegetarische Dinge, dass das Wort „Alternativen“ in diesem Zusammenhang der Vielfalt nicht gerecht wird. Jemand trinkt keinen Alkohol? Statt nach dem Warum zu fragen oder jemanden zu „nur dem einen Drink“ zu überreden, wäre es viel entspannter, einfach zu fragen, was man sonst anbieten darf. Und an dieser Stelle ein Hinweis in eigener Sache: NICHT JEDE FRAU ZWISCHEN 18 UND 45 IST SCHWANGER, WENN SIE KEINEN ALKOHOL TRINKT! Danke!
  9. Kein Körperthema, aber ein Seelenthema: Nicht alle können oder wollen sich einen Sommerurlaub leisten. Wir sprechen alle gerne davon, das ist auch total in Ordnung. Auch hier helfen sensible Antennen.
  10. Mach das Beste aus dem Sommer, es muss nicht der „Sommer Deines Lebens“ werden. Es darf auch einfach nur die Jahreszeit sein, die vor Herbst kommt. Und Spaghettieis, Wassermelone und laue Sommerabende sind vielleicht auch nicht ganz verkehrt.

The kids are all right

Neulich gab es in meiner ältesten WhatsApp-Gruppe ein lebhaftes Gespräch über Kinder. Genauer gesagt: Gewicht, Diäten und die generelle Körperlichkeit von Kindern. Ich (I.) habe keine Kinder, aber meine Freund*Innen haben einige davon, in dieser besagten Gruppe sind Eltern von insgesamt acht Kindern zwischen 2 und 13 Jahren, manche sind schlank, andere sind runder. Diese Gruppe besteht seit Jahren, und wir tauschen uns dort über vieles aus, weil wir nicht am selben Ort wohnen. Wir haben allesamt ein Verhältnis zu unserem Körper, das mal mehr oder weniger gestört war, wir kommen alle aus der Generation, die von Eltern öffentlich bloßgestellt und gemaßregelt wurde, wenn wir in den Augen unserer Eltern zu irgendwas waren: zu dünn, zu dick, zu groß, zu klein, zu zickig, zu weinerlich, zu laut, zu ruhig. Unsere Eltern, das fällt bei den Gesprächen auch immer wieder auf, haben selbst nie gelernt, ihre Körper zu mögen oder einen entspannten Umgang mit ihrem Gewicht zu entwickeln und haben das natürlich auf uns übertragen. Obwohl unsere Eltern sich nicht kennen, können wir alle fast identische Geschichten über Familienfeste, Weihnachtsessen oder andere familiäre Zusammenkünfte erzählen, in denen unser jeweiliger Kinderkörper niedergemacht wurde. Wir alle haben Geschichten, in denen unsere Mütter und Omas (es sind fast immer die Frauen) ihre eigenen Körper hassen und statt zu essen lieber rauchen, trinken oder jede kulinarische „Sünde“ ausufernd kommentieren, anstatt sie zu genießen. Anekdoten, dass wir unsere weiblichen Familienmitglieder eigentlich nur auf Diät kennen. In der Pubertät wurde es nicht besser, einige meiner Freund*Innen in dieser Gruppe hatten mit Essstörungen zu kämpfen. Viele Geschichten rühren zu Tränen, selbst jetzt, wenn ich nur daran denke.

Jetzt sind meine Freund*Innen Eltern, und es ist an der Zeit, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Was auffällt: Alle Eltern sagen und zeigen Ihren Kindern, dass sie absolut ok sind. Dass sie wertvoll und richtig sind, egal, wie sie aussehen. Das ist sehr schön, denn wir alle haben das in dieser Form noch nie von unseren Eltern gehört. Die Kinder haben auch grundsätzlich einen entspannteren Umgang mit ihrem Körper und und lernen, dass Essen Nahrung, Spaß, Vielfalt und Experimentierfreude bedeutet, statt der Einteilung in gute (weil gesunde) und böse (weil ungesunde) Lebensmittel. Meine Freunde, die selbst immer noch heilen, tun alles, dass ihre Kinder gestärkt werden, aber auch hier fällt auf, dass wir nie nur eine Insel der Glückseligkeit sind, sondern die Kinder natürlich in Kindergarten, Schule und Co. der Diätkultur und Fat Shaming ausgesetzt sind. Da wird sich der „dicke Bauch“ weggewünscht, der im Ballettkleid anders aussieht als von den dünnen Freundinnen, da wird kommentiert, dass man „sich Sorgen mache“, wie dick ein Junge sei. Oder direkt von anderen Kindern gesagt, dass ein Mädchen fett sei. Das vermeintlich fette Mädchen ist fit wie ein Turnschuh, geht zum Tanzen, Eiskunstlauf und Handball, geht in die zweite Klasse und ist verdammtnochmal ein Kind. Der vermeintlich dicke Junge liebt Essen, kocht gerne und an ihm prallen Kommentare bisher ab. Er ist aktiv, geht skaten und spielt Volleyball. Das soll keine Rechtfertigung sein, sondern zeigen: Nicht jedes runde Kind ist so, weil es jeden Tag Fast Food vor dem Fernseher isst, sondern weil auch Kinder komplett unterschiedliche Körper sind. Der ältere Bruder der beiden Kinder ist im Übrigen schlank, es sind einfach drei individuelle Menschen.

Das führt zu Unsicherheit, Ängsten und Panik bei den Erwachsenen, wie das noch weiter geht. „Denen ist vermutlich lieber, ihr Kind ist ein bisschen depressiv und hasst sich, als dass es fünf Kilo zu viel hat!“, resignierte meine Freundin, Mutter von den drei besagten Kindern. „Der Scheiß ist so gefährlich, auf einmal hungern die Kinder, und Du kannst nix tun. Und man muss so aufpassen, weil man selber ja auch so sozialisiert ist.“ Besser als das kann man es nicht sagen, daher lasse ich das Zitat meiner Freundin hier genau so stehen.

Wie reagiert man darauf? Ich weiß nicht, ob es DEN richtigen Weg gibt, aber ich führe hier mal gerne auf, was mein Freundeskreis so tut:

  • Ernährungsberatung, um richtiges Essen zu lernen, die eigene Essensgeschichte aufzuarbeiten und die Kinder zu gesundem Essen anzuleiten, ohne Scham, Schuld und Verbote.
  • Positive Affirmationen vor dem Spiegel: Ich bin genau richtig, wie ich bin!
  • Gespräche über Körperkommentare: Zuhause darf man alles ansprechen, das ist ein Safe space. Und die Antwort auf solche Kommentare ist kein Diätvorschlag für einen Neunjährigen, sondern ein ein offenes Gespräch.
  • Erlaubnis, sich dagegen zu wehren und Kommentator*Innen in die Schranken zu weisen: „Halt Deine Fresse!“
  • Therapie für alle Beteiligten, wenn nötig.
  • Entspannter Umgang der Erwachsenen mit dem eigenen Körper (die wohl härteste Lektion, insbesondere wenn die eigene Sozialisation wieder kickt).
  • Sport und Aktivitäten, die Spaß machen. Kinder sollten zum Volleyball, Reiten, Turnen, whatever gehen, weil es Ihnen Freude bereitet, nicht, weil es viele Kalorien verbrennt.
  • Vielfältigkeit im Medienkonsum: Bilderbücher für die Kleinsten mit vielfältigen Körpern zeigen schon früh, wie unterschiedlich Körper sind, trotzdem sind alle ok so. Meine Favoriten, die ich schon verschenkt habe und die meine Freund*Innen auch sehr feiern: „Überall Popos“ und „Ein Baby! Wie eine Familie entsteht„(Bei zweitem geht es nicht primär um Körper, aber dennoch um Unterschiedlichkeit und es werden auch nackte männlich gelesene Körper gezeigt, das ist bei „Überall Popos“ nicht so).

Und nun? Problem gelöst? Alle happy? Leider nein! Ich befürchte, es wird noch eine lange Weile dauern, bis Körpervielfalt auch bei Kindern ankommt. Bis Omas nicht mehr schmallippig auf pubertierende Körper starren und warnen, man fände ja später keine Partner*In. Bis Mütter nicht mehr dauerhaft auf Diät sind und nicht ins Schwimmbad gehen, weil sie sich zu dick fühlen. Bis Väter über das offen sprechen können, was Ihnen widerfahren ist und über das sie nie geredet haben, weil sie ja Männer sind. Bis Essen nicht mehr so ein riesiges Thema ist.

Plus Size Models: Body Positivity oder Freak Show?

Vor kurzem sah ich in der Fußgängerzone diese Werbung, und natürlich musste ich recherchieren, wer das Model ist. Sie heißt Enam und hatte ihre Sedcard bei der Agentur Anti-Agency, die auch über die Kampagne New Perfect berichtet. Enam hat auch ihren eigenen Instagram-Account, auf dem sie sich als Plus Size Advocate austobt.

Enam ist sehr rund. Und so gut es ist, dass verschiedene Körperformen in der Werbung gezeigt werden, und so attraktiv ich sie auch finde, manchmal habe ich den Eindruck, dass hier wie auch bei Gaultiers Kampagne mit Barbara Butch eher mit „Extremen“ gespielt werden soll anstatt etwas für die runde Welt zu tun. In Gaultiers Ästhetik sind es verschiedene andersartige Models, als wolle Gaultier mit einer Art Freakshow provozieren. In dieser Werbung von Marc Jones steht Enam allein da, was sicherlich eher als Statement zu verstehen ist. Doch frage ich mich, ob die „normale“ Frau, die weder Magermodel noch sehr rund ist, sondern irgendwas dazwischen, sich hier wiederfindet. Mir fehlen die Models, die die meisten Frauen repräsentieren, also Größe 38-42. Nun habe ich als Nicht-Frau hier eigentlich gar nichts zu melden. Daher sind meine Beobachtungen mit Vorsicht zu genießen.

In letzter Zeit sehe ich häufig Werbung von Calzedonia. Ich vermute, dass sich viele Frauen eher mit dieser Figur identifizieren können. Für mich ist das auf jeden Fall ein Hingucker. Die schlanke Kollegin finde ich 08/15, so sieht halt jedes Model aus (ohne sie hier jetzt dissen zu wollen, ich meine damit lediglich das, was wir gewohnt sind zu sehen). Natürlich könnte man jetzt diskutieren, muss wirklich jedes normalgewichtige Model auch einen vollen Busen haben? Und was wenn die Proportionen insgesamt mal anders sind? Dicker Hintern, schmaler Oberkörper? Aber zumindest ist hier ein Anfang getan. Auch Adidas wagt es neuerdings, ein normales Model im Badeanzug zu zeigen. Ich finde, dass hier Normalität gezeigt wird, und das ist irgendwie entspannend.

Die besonders runden Models haben neben der Provokation aber noch einen Nebeneffekt: Sie rufen die Bedenkenträger auf, sich zu äußern, zum Beispiel der Tagesspiegel, der es falsch findet, wenn sich Menschen in ihrer Fettleibigkeit einrichten, ausgelöst durch Plus Size Models wie Tess Holliday. Sicherlich wird von einer sehr runden Frau in der Werbung niemand sagen, „oh ja, wenn die so rund ist, dann kann ich es auch sein“, zumal es zigtausend Mal mehr Magermodels zu sehen gibt als sehr runde Frauen. Es geht nicht darum, extreme Fettleibigkeit zu verherrlichen. Aber darum, dass dies auch Körper sind, die es zu respektieren gilt, ohne gleich den Finger zu heben. Hat bei den Magermodels schließlich auch niemand getan, bis man gemerkt hat, dass dies junge Menschen in die Magersucht treibt. Ich bin aber nicht sicher, dass Models wie Enam oder Tess Holliday darüber hinaus etwas für die Mehrheit der Körper tun, die halt irgendwo in der Mitte sind.

Vor ein paar Jahren wurde eine Werbung mit Tess Holliday von Facebook gesperrt, weil ihr Körper nichts mehr mit Gesundheit zu tun hätte. Magermodels wurden nicht gesperrt. Ich wünsche mir mehr Normalität.

Dokutipps fürs lange Wochenende

Service-Post: In der ARD-Mediathek findet man aktuell eine interessante und kurzweilige Doku zum Thema Body Positivity. Was mir daran gefiel: Der Umgang mit runden Körpern ist unaufgeregt, wissenschaftlich, es werden sowohl runde Frauen als auch runde Männer gezeigt. Die wissenschaftliche Annäherung an das Thema kommt ohne stereotypische Bilder von runden, unglücklichen und nur Fast Food essenden Dicken raus, die sich medial so eingebrannt wie abgegriffen haben.

Ergänzend dazu ein kurzer Beitrag über Plus-Size-Aktivistinnen, in dem neben anderen tollen Frauen auch nochmal die großartige Melodie Michelberger zu Wort kommt.

An dieser Stelle nochmal der Reminder allgemein und für das Feiertagswochenende im Speziellen: Deine Familie hat Dich und Deinen Körper nicht zu kommentieren, Du darfst essen, was Du möchtest und Du kannst auch gehen, wenn es Dir zu viel wird!

Sophia Thiel: Du darfst schon gesund werden, aber bitte nicht dicker!

Sophia Thiel war lange Jahre das Vorzeigeaschenputtel der Fitness-Welt. Nach einer unglücklichen Jugend als moppeliger Teenager hat sie es mit Disziplin und viel Sport endlich zu Glück und Ansehen gebracht. Sie hat ihren Körper nämlich transformiert, einfach nur verändert reicht nicht. Mit 17 beginnt sie mit Kraftsport und wird 2012 dann zum ersten Mal Deutsche Meisterin im Bodybuilding.

Die Online-Welt ist verzückt. Sophia Thiel ist attraktiv, sportlich und beliebt, bringt eigene Programme auf den Markt, verkauft Bücher und ist Idol für eine ganze Generation von gleichermaßen beleibten wie unbeliebten Jugendlichen. Denn, wenn sie es geschafft hat, dann schaffen das alle. Solche oder ähnliche Slogans verkaufen sich auch ganz gut auf Sophias Kanälen, auf denen sie mit niedrigem Körperfettanteil erklärt, wie einfach und problemlos das auch für ihre Anhängerschaft möglich sei. Thiel ist gern gesehener Gast auf Fitness-Messen und eigentlich, so denkt man, ist Sophia Thiel auch ganz sicher genauso glücklich, wie sie fit ist.

Im Jahr 2018 dann der Cut: Aus dem Nichts kündigt Thiel eine längere Pause an. Sie taucht komplett unter, die Online-Community rätselt, was der Grund für das abrupte Aus ist. Alle Auftritte und Termine werden gecancelt, es herrscht Ruhe. Natürlich gibt es immer wieder Gerüchte, auch nach Monaten ebbt das Interesse nicht ab, endlich zu erfahren, was los war.

Die Ungewissheit bleibt zum Jahr 2021, in dem sich Sophia mit einem langen Video zurück meldet. In diesem Video erklärt sie ausführlich, dass sie in den Jahren zuvor unter anderem mit einer Essstörung und Depressionen zu kämpfen hatte. Bis zu einem Punkt habe sie das gut verstecken können, ihr Körper habe aber einfach nicht mehr mitgespielt. Der Druck auf sie war einfach zu groß, immer vermeintlich perfekt auszusehen und als Fitnesscoach eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Daher nahm sie sich eine lange Pause, legte den Fokus auf ihre mentale Gesundheit und auf Heilung. Sie lernte viel über sich, ihren Körper und nutzte die Pause, um klarzukommen.

Und heute? Heute ist Thiel wieder sehr aktiv auf Social Media, legt ihren Fokus aber eher auf ganzheitliches Training, Body Positivity und eine gute mentale Balance. Klar, sie verkauft auch wieder Programme/Bücher und ist eben Influencerin, aber sie zeigt eben ein realistischeres Bild von sich und Sport. Sie hat, im Gegensatz zu ihrer aktiven Bodybuilder-Zeit, Gewicht zugenommen. Und das ist auch der Grund für diesen Artikel, denn Sophia veröffentlicht immer wieder Beiträge, die ihre körperliche Veränderung beinhalten oder vielmehr: das Bodyshaming, dem sie sich seitdem viel öfter ausgesetzt sieht. Das Perfide ist: Thiel ist weiterhin schlank, hat einen normschönen Körper und macht viel Sport. Sie ernährt sich gesund, genießt ihr Leben. Sie propagiert also eigentlich genau das, was alle Hater bei mehrgewichtigen Menschen im Internet anprangern. Thiel hat zugenommen, bewegt sich aber immer noch im absoluten „Normalgewicht“ (wir sind vorsichtig mit diesem Begriff, aber hier verwende ich ihn, um den Punkt klarzumachen). Und das reicht schon aus, Hasskommentare und dumme Sprüche zu bekommen, dass sie immer „dicker“ werde, früher besser aussah oder jetzt einen ruinierten Körper habe. Diese verarbeitet sich auch öffentlich, mitunter auch humoristisch, aber dennoch zeigen sie wieder mal die Grundproblematik unserer fettphobischen Gesellschaft:

Gewichtszunahme ist der Quell und Ursprung aller schlechten Gefühle, jedes Kilo ist ein persönliches Scheitern und Gründe werden nicht als diese akzeptiert: Körper ist politisch und ein vorher ungesunder Körper (Essstörungen und Depressionen machen einen Körper ungesund!), der ein jetzt ein gesunder Körper ist, ist dennoch ein schlechterer Körper, wenn er mehr wiegt. SELBST WENN diese Gewichtszunahme sich immer noch im Normbereich bewegt. Zum Glück kann man Fitness-Influecer dafür öffentlich anprangern, dann muss man sich weniger mit sich selbst beschäftigen. Wie perfide und dumm ist das eigentlich?

Das Gute ist: Thiel wird nicht müde, auch ihre Hasskommentare zu thematisieren und erreicht in der Fitness-Bubble auf diese Weise hoffentlich Menschen, die sich sonst nie mit internalisierter Fettphobie auseinandergesetzt hätten. Ich folge ihr schon eine Weile und finde sicherlich nicht alles gut, was sie postet, aber ich mag, dass sie ganz ehrlich und unaufgeregt zeigt, wie sie sich über die Jahre verändert hat. Vielleicht bringt das die Hater nicht zum Schweigen, aber hoffentlich ermutigt es stille Follower zu sehen, dass Körper sich immer im Wandel befinden, ob man nun Bodybuilderin, Feuerwehrmann oder Verwaltungsfachangestellte ist.